Sonntag, 9. August 2020 (sonnig, 19 bis 29 Grad, heißer Sommertag), Ammersee-Südufer, Raistinger Wiesen, 9 bis 14.30 Uhr
Es hat diese Woche stark geregnet und an vielen Flüssen ist das Wasser über die Ufer getreten. Deshalb verwerfe ich meine Pläne, an die Isar oder die Donau zu fahren, und entscheide mich für das Südufer des Ammersees. Auf dem Weg (Bild) zum Binnensee beobachte ich einen Trupp junger Stieglitze (einige auf dem Bild), die ständig zwischen den Bäumen und den Streuwiesen hin- und herwechseln. Auf einem Holzpfosten sitzt ein Neuntöter-Männchen (Bild) und überblickt sein Revier. Unweit davon, auf einem Busch, sehe sich auch das vermutlich zur Familie gehörige Weibchen. Und ein junger Neuntöter (Bild, Video auf Youtube) rastet nur wenige Meter vor mir. Ihm ist es wohl schon zu heiß, denn sein Schnabel ist weit geöffnet und er kühlt durch schnelles Aus- und Einatmen seinen Körper. Das kann man mit dem Hecheln eines Hundes vergleichen.
Fischadler und Eisvogel am Binnensee
Als ich am Binnensee (Bild) ankomme, sehe ich den hohen Wasserstand. Kein Ufer- und kein Schlickstreifen sind für rastende Limikolen vorhanden. Der Weg bis zum üblichen Beobachtungsplatz ist nicht begehbar, die Wassermassen (Bild) haben die Steine zwischen der Ammer und dem See weggeschwemmt. Dafür erwartet mich eine sehr schöne Überraschung. Jörg, ein Birderkollege vom Ammersee, weist mich – leider am weit entfernten Ufer – auf einen Fischadler (Bilder und Bild von Pixabay) hin. Später wechselt der Vogel auf einen Baum und putzt ausgiebig sein Gefieder. In Bayern ist der Fischadler ein sehr seltener Brutvogel. Alle bekannten Vorkommen liegen in der Oberpfalz und die Adler brüten auf künstlichen Nisthilfen. Mit entsprechenden Schutzmaßnahmen und zusätzlichen Brutvorrichtungen ist eine weitere Bestandszunahme zu erwarten, lese ich im Atlas der Brutvögel in Bayern (Verbreitung 2005 bis 2009; Rödl, Rudolph, Geiersberger, Weixler, Görgen; 2012, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart). Fischadler brüten an klaren Süßwasserseen, küstennahen Brackgewässern und an den Mittelmeerküsten. Ihr Überwinterungsgebiet liegt in Afrika.
Am Binnensee halten sich viele junge Lachmöwen und einige wenige Flussseeschwalben auf dem Floß auf. Graugänse (Bild) haben sich in den Schutz der dicht bewachsenen Inseln zurückgezogen, beobachten mich aber sehr genau. Ein Eisvogel (Bild, Video auf Youtube) »zischt« in einem großen Bogen an mir vorbei und biegt in die Ammer ein. Mit ein bisschen Suchen finde ich seinen Ansitzplatz am Ufer des Flusses.
Da es mittlerweile ziemlich heiß ist, mache ich mich auf den Rückweg. Am Wegrand entdecke ich einen orange-braunen Schmetterling. Das könnte ein Kleines Wiesenvögelchen (Bild) sein. Einem jungen Rotkehlchen (Bild) ist es auch schon zu warm und es versteckt sich im dichten Laub.
Viele Weißstörche und ein »Überraschungsvogel«
Bevor ich wieder nach München fahre, mache ich noch einen kurzen Abstecher nach Raisting. Ein Bauer ist gerade dabei »Heu zu machen«, was Weißstörche (einer davon auf dem Bild) wie magisch anzieht. Kleine Tiere wie Regenwürmer, Insekten, Frösche, Mäuse, Ratten, Eidechsen, Schlangen sowie Fische und Aas stehen auf ihrer Speiseliste. Normalerweise sind ein Weißstorchbeine rot. Bei dem Storch auf dem Bild erscheinen sie zum großen Teil weiß. Um sich abzukühlen, kennen Störche außer Hecheln noch eine andere Methode. Sie beschmieren ihre Beine mit flüssigem Kot. Das im Kot enthaltene Wasser verdunstet und kühlt so den Körper. Plötzlich segeln über mir um die 50 Weißstörche (Bild). Solche Bilder kenne ich von Vogelzugaufnahmen bei Gibraltar. Weißstörche sind Segelflieger, deshalb benötigen sie warme Aufwinde (Thermik). Da über dem Wasser solche Vertikalströmungen nicht entstehen, umfliegen Weißstörche das Mittelmeer. Noch sind die Weißstörche nicht auf dem Weg in ihre afrikanischen Überwinterungsgebiete, sondern erfreuen sich hier auf den Wiesen an dem anscheinend reichlichen Futterangebot. Nach der »Flugeinlage« lassen sich die Weißstörche (Bild) wieder auf einer überschwemmten Wiese zur Nahrungsaufnahme nieder. Unter die Weißstörche hat sich auch ein anderer, sehr seltener Vogel gemischt. Schon entdeckt?
Gut getarnte Braunkehlchen
Ein Turmfalke (Bild) zeigt mir leider nur seinen hübsch gefiederten Rücken. Immer wieder legt er den Kopf schräg und inspiziert den Himmel. In dem hohen Gras der Raistinger Wiesen (Bild) fliegen unzählige Schmetterlinge und Falter die Blütenstände der Pflanzen an. Ich bin auf der Suche nach den hier immer anzutreffenden Braunkehlchen. Auf einem verdorrten Baum am Weg haben sich zwei Braunkehlchen (eines davon auf dem Bild) niedergelassen. Etwas später entdecke ich schließlich auch in den Wiesen einige Braunkehlchen (Bilder). Ihr Gefieder ist perfekt an die Farben der Umgebung angepasst.
Haben Sie zwischen den Weißstörchen den einen besonderen Vogel entdeckt? Es ist ein junger Schwarzstorch (Bilder). Der Schwarzstorch ist etwas kleiner als der Weißstorch. Einen Jungvogel erkennt man am graugrünen Schnabel und den graugrünen Beinen. Schwarzstörche brüten im Wald und sind sehr scheu. Ich freue mich sehr, dass ich ihn entdeckt habe.
Vogeltagesliste: Höckerschwan, Graugans, Stockente, Schnatterente, Kolbenente, Reiherente, Zwergtaucher, Haubentaucher, Kormoran, Seidenreiher, Silberreiher, Graureiher, Weißstorch (ca. 50), Schwarzstorch, Fischadler, Rotmilan, Schwarzmilan, Rohrweihe, Mäusebussard, Turmfalke, Blässhuhn, Bruchwasserläufer, Grünschenkel, Lachmöwe, Flussseeschwalbe, Ringeltaube, Türkentaube, Eisvogel, Rauchschwalbe, Mehlschwalbe, Bachstelze, Rotkehlchen, Hausrotschwanz, Braunkehlchen (4), Schwarzkehlchen (1), Amsel, Mönchsgrasmücke, Kohlmeise, Blaumeise, Sumpfmeise, Kleiber, Neuntöter, Elster, Rabenkrähe, Stieglitz