Montag, 30. Dezember 2013 (überwiegend sonnig, ca. 10 bis 17 Grad, warmer Wintertag), Mallorca, Cúber-Stausee im Tramuntana-Gebirge, 10.30 bis 14 Uhr; Albufereta, 15.30 bis 17 Uhr
Heute gibt es für mich Neuland zu entdecken. Ziel ist der Cúber-Stausee im Tramuntana-Gebirge. Der Gebirgszug, der sich vom Westen in den Norden Mallorcas erstreckt, ist seit dem Jahr 2011 UNESCO-Weltnaturerbe. Eine faszinierend schöne, wilde Landschaft und weitgehend intakte, unverbaute Natur laden Wanderer und Fahrradfahrer zu Tagesausflügen ein. Und der ornithologisch interessierte Urlauber hofft, dass er einen Mönchsgeier zu sehen bekommt! Die Fahrt von Alcúdia ins Gebirge über enge kurvenreiche Straßen dauert eine gute Stunde. Es sind nicht viele Autofahrer um diese Jahreszeit unterwegs, dafür umso mehr Rotkehlchen, die sich mitten auf der Straße tummeln.
Der künstlich angelegte Cúber-Stausee (Bild) liegt ca. 800 Meter hoch und speichert Trinkwasser für die Hauptstadt Palma. Rund um den See führt ein Wanderweg und trotz der unmittelbaren Nähe des höchsten Berges von Mallorca, des Puig Major (1447 Meter), auf dem eine Radaranlage installiert ist, wirkt das Tal offen und freundlich. Heute morgen ist es noch etwas kühl, einige Wolken hängen an den Berggipfeln, aber die Sonne kommt immer wieder durch. Wir sind erst kurz am See und schon sind die ersten großen Vögel am Himmel zu sehen. Schnell ist klar, dass es Mönchsgeier (Bilder) sind. Langsam gleiten sie entlang den Berggipfeln in südliche Richtung. Der Mönchsgeier (Foto: © Christian Maurer, Fotolia.com) ist mit einer Flügelspannweite von knapp 2,90 Meter einer der größten Greifvögel Europas. Er braucht trockenes, raues Bergland sowie ausgedehnte, bewaldete Täler zum Leben. Sein großes Nest aus Ästen und Zweigen legt er auf Bäumen an. Er ist in Europa sehr selten geworden und sein Bestand ist auf circa 1000 Paare zurückgegangen. Diese leben überwiegend auf der Iberischen Halbinsel, auf Mallorca und dem südlichen Balkan (Quelle: Svensson et al. »Der Kosmos Vogelführer«).
Auch auf Mallorca war der Mönchsgeier in den 1980er-Jahren vom Aussterben bedroht. Es lebten einige wenige Vögel und nur noch ein Brutpaar auf der Insel. Da die Mönchsgeier Aasfresser sind, wurde ihnen das Auslegen von Giftködern zum Verhängnis. Auch der zunehmende Tourismus schränkte ihren Lebensraum stark ein. 1986 gründete sich in den Niederlanden die Stiftung zum Schutz der Mönchsgeier (Black Vulture Conservation Foundation, BVCF) mit einem Stützpunkt auf Mallorca. Durch intensive Schutz- und Wiederansiedelungsprogramme konnte die Population auf der Insel gerettet werden. Derzeit leben hier circa 110 Mönchsgeier, darunter 14 Brutpaare.
Nach der großen Freude, einen Mönchsgeier zu sehen, gibt es kurz darauf noch eine Überraschung. Auch ein Gänsegeier (Foto: © Bernhard Springer, aufgenommen in Spanien) zieht seine Bahnen am Himmel. Anhand der sowohl hell- wie auch dunkelbraunen Flügelzeichnung kann man ihn gut vom Mönchsgeier unterscheiden, der ein komplett braunschwarzes Federkleid besitzt. Seit November 2008 gibt es auf Mallorca Gänsegeier. Diese sind auf ihrem Zug vom spanischen Festland nach Afrika durch starke Winde abgetrieben worden und auf der Insel zwischengelandet. Da sie wie die Mönchsgeier Aasfresser sind und hier vermutlich genügend Futter fanden, sind sie geblieben.
Auf dem Stausee schwimmen Kormorane (einer davon im Bild) und Mittelmeermöwen. Westlich des Sees halten sich auf einem sonnenbeschienenen Felsen ungefähr hundert Mittelmeermöwen (Bild) auf. Auch Rotkehlchen und Schwarzkehlchen (Bilder) sind in dieser Höhe zu finden und leicht zu entdecken. Der wunderschöne Wanderweg (Bild) führt weiter nach Süden Richtung Sóller. Der mallorquinische ornithologische Reiseführer schlägt vor, dass man nun noch auf den Puig de l’Ofre (1091 Meter) steigen könnte, um weiter Ausschau nach Gebirgsvögeln zu halten. Wir beschließen allerdings, den Ausflug ins Gebirge zu beenden.
So bleibt noch Zeit für einen kleinen Abstecher in das Feuchtgebiet Albufereta (Bild), das in der Bucht von Pollenca liegt. Letztes Jahr ging ich schon den kurzen Weg »Prat de Can Cullerassa«, der parallel zur Straße führt. Die Ränder der kleinen Teiche in diesem Teil des Gebietes sind dicht bewachsen und kaum einsehbar. Wasserralle und Grünschenkel hört man rufen. Leider liegen um diese Tageszeit die interessanten Bereiche im Gegenlicht. So ist das Schauen anstrengend und auf Fotos sind die Farben flau. Es bleibt der Blick in den Himmel und ich freue mich über die Felsenschwalben (Bild), die kraftvoll und rasant ihre Runden fliegen. Die Felsenschwalbe (Foto: © Fotonatur.de/Hans-Wilhelm Grömping) lebt im südlichen Europa und brütet in Höhlen und Spalten von Felswänden. Auch in Deutschland hatte ich schon Felsenschwalben gesehen, aber so nahe dran war ich noch nie.
Vogeltagesliste Cúber-Stausee, Tramuntana-Gebirge: Kormoran, Gänsegeier (5), *Mönchsgeier (mind. 4), Rotmilan, Mittelmeermöwe, Ringeltaube, Bergpieper (mind. 3), Wiesenpieper (ca. 10), Gebirgsstelze, Rotkehlchen, Schwarzkehlchen, Singdrossel, Amsel, Samtkopf-Grasmücke, Zilpzalp, Kohlmeise (2 bis 3), Blaumeise (1), Kolkrabe (2), Buchfink, Fichtenkreuzschnabel
Anhang der Arten, die man hier, abhängig von der Jahreszeit, zu sehen bekommen kann (Quelle: Rebassa et al.: A Birding Tourist’s Guide to Majorca, 2. Auflage): Mönchsgeier, Gänsegeier, Fischadler, Zwergadler, Habichtsadler, Wanderfalke, Flussregenpfeifer, Waldohreule, Wendehals, Felsenschwalbe, Bergpieper, Alpenbraunelle, Steinrötel, Brillengrasmücke, Blaumeise, Buchfink
Vogeltagesliste Albufereta und Strand: Stockente, Krickente, Zwergtaucher, Kormoran, Silberreiher, Rohrweihe, Turmfalke, Wasserralle (rufend), Blässhuhn, Seeregenpfeifer, Waldwasserläufer (2), Grünschenkel (rufend), Bekassine (1), Mittelmeermöwe, Felsenschwalbe (ca. 20), Wiesenpieper, Rotkehlchen, Schwarzkehlchen, Singdrossel, Samtkopf-Grasmücke, *Zistensänger, Seidensänger (2), Zilpzalp, Haussperling, Grünfink (* = meine persönliche Erstsichtung)
