Montag, 7. September 2015 (Sonne, 21 bis 23 Grad, schöner Sommertag), Palud (Istrien), 8.15 bis 17.30 Uhr
Mein Sommerurlaub hat mich heuer erneut in das malerische Städtchen Rovinj (Kroatien) geführt. Nach zwei Tagen Nichtstun mache ich mich mit dem Fahrrad auf in das Vogelschutzgebiet Palud. Der erste Teil der Strecke führt an wunderschönen kleinen Badebuchten vorbei, die früh am Morgen noch menschenleer sind. Gelegentlich lege ich einen kurzen Stopp ein und suche das Meer und die Felsen ab. Neben Lachmöwen und einigen immaturen Mittelmeermöwen (Bilder) rastet auch eine Krähenscharbe (Bilder) in einer Bucht. Da in dieser Gegend auch Kormorane leben, lohnt sich ein genauer Blick. Krähenscharben sind insgesamt kleiner und schlanker als Kormorane. Sie unterscheiden sich von letzteren durch einen schlankeren Schnabel, einen dünneren Hals sowie einen etwas kleineren und runderen Kopf. Es handelt sich hier um eine jugendliche Mittelmeer-Krähenscharbe. Diese weist ein großes weißes Kinnfeld, eine helle Brust, helle Füße und einen hornfarbigen Schnabel auf. Sie wirkt noch etwas verschlafen, beobachtet aber aufmerksam die Umgebung. Nach einer kurzen Zeit watschelt sie an den Rand des Felsens und hüpft in das seichte Wasser. Hier kann ich sie bei der Jagd nach Fischen beobachten. Auf der anderen Seite des Weges, an einem Waldrand, sehe ich eine Turteltaube (Bild), die ebenfalls auf Futtersuche ist.
Der Radweg führt mich nun weg vom Meer und ich fahre auf engen staubigen Schotterstraßen weiter nach Süden. Kurz bevor ich mein Ziel erreiche, halte ich an einem Weingarten (Bild). Hier konnte ich die letzten Jahre schon sehr schöne Beobachtungen machen. Und auch diesmal gibt es einiges zu sehen. Auf den alten Holzpfosten lassen sich die Vögel gerne nieder, wie zum Beispiel ein Eichelhäher (Bild), ein Wiesenpieper (Bild) und ein Steinschmätzer (Bild). Ein Braunkehlchen (Bild) rastet auf einem der gespannten Drähte und blinzelt in die Sonne. Ich komme mit dem Schauen gar nicht hinterher, so viele Vögel sind hier unterwegs. Nicht weit von mir kann ich einen jugendlicher Neuntöter (Bilder), der von seiner Warte Jagd auf Insekten macht, ausgiebig studieren. Aber es wartet auch noch eine besondere Entdeckung auf mich. Was ich zunächst für eine Goldammer halte, erweist sich anhand markanter Streifen im Gesicht als Zaunammer (Bilder). Ihr Hauptverbreitungsgebiet sind die Länder rund um das Mittelmeer, von Nordwestafrika bis in die Türkei. Im Südwesten Deutschlands gibt es noch einige wenige Brutvorkommen. Die Zaunammer bewohnt hügeliges Gelände mit großen Bäumen, dichten Büschen und Hecken, gerne an trockenen und sonnigen Hängen und in Weinbergen.
Nicht weit von den Weingärten, die schon zum Vogelschutzreservat Palud gehören, liegt das Herzstück des Gebietes – der kleine See mit den umliegenden Schilfzonen. Ich treffe zufällig Roberto Stelko, einen Naturschützer von »Natura Histrica«, der dieses Gebiet betreut. Er erzählt mir von seinen anstehenden Aufgaben und erwähnt auch, dass sich aktuell am See kaum Vögel aufhalten. Nur einen Knutt hat er gesichtet. Einen Knutt! Ich bekomme ganz lange Ohren, denn diese Art habe ich noch nie gesehen. Erwartungsvoll erreiche ich die Beobachtungshütte. Hoffentlich ist er noch da! Er ist – sehr schnell entdecke ich am Ufer den Knutt (Bilder). Unermüdlich stochert er im Schlick nach Fressbarem. Diese Watvögel brüten in den arktischen Steppenlandschaften Nord- und Mittelsibiriens. Auf dem Zug in ihr westafrikanisches Überwinterungsgebiet finden sich oft Tausende von Knutts in großen Trupps zusammen. Bis zu 200.000 Individuen wurden an deutschen Wattenmeeren schon gesichtet, wo sie auch als Gastvögel das ganze Jahr über anzutreffen sind. Eine der Hauptrouten ins Winterquartier führt entlang der Küsten Westeuropas, andere Routen queren das osteuropäische Festland. Der Knutt ist größer und kompakter als der Alpenstrandläufer, der als Referenzart für den Vergleich dient. Mit seinen kürzeren Beinen wirkt der Knutt jedoch insgesamt plumper. Der Schnabel ist dick, recht kurz und nur leicht abwärts gebogen. Im Prachtkleid zeigt er sich unterseits rostbraun gefärbt, im Schlichtkleid einheitlich grau mit dünnen weißen Federrändern im oberen Gefieder, mit weißem Überaugenstreif, grau gefleckter Brust und graugrünen Beinen. Obwohl auf dem See tatsächlich nicht viele Vögel zu sehen sind, freue ich mich über den einen »einsamen« Knutt.
Noch zu erwähnen ist auch der Eisvogel (Bilder), der immer wieder mal kurz bei der Beobachtungshütte vorbeischaut und sich – wie auch schon in den früheren Jahren –fotogen auf einem Holzpfosten präsentiert.
Vogeltagesliste: Brandgans (1), Stockente, Krähenscharbe (1), Graureiher, Mäusebussard, Baumfalke, Flussregenpfeifer, Knutt*, Lachmöwe, Mittelmeermöwe, Straßentaube, Türkentaube, Turteltaube (1), Eisvogel (2), Grünspecht, Rauchschwalbe, Mehlschwalbe, Bachstelze, Wiesenschafstelze, Steinschmätzer (5), Braunkehlchen, Amsel, Samtkopf-Grasmücke, Blaumeise, Schwanzmeise, Neuntöter, Elster, Eichelhäher, Stieglitz, Zaunammer
(* = meine persönliche Erstsichtung)
Weitere Reiseberichte aus Palud und Rovinj jeweils im September 2013 und September 2012.