Samstag, 9. Mai 2020 (bewölkt, vormittags kurzer Regenschauer, 12 bis 24 Grad, warmer Frühlingstag), Mooswaldsee, Schurrsee, Gundelfinger Moos, Fetzer-Flachwassersee (Donaumoos bei Günzburg), 8.30 bis 18 Uhr
Die Corona-Ausgangsbeschränkungen sind gelockert worden. Ich freue mich riesig und will alles nachholen, was ich in diesem Frühjahr versäumt habe ;-). So zumindest meine Vorstellung, aber beim Vogelgucken weiß man ja nie, wie es läuft und was passiert. Ich entscheide mich für eine Tour in das Donaumoos bei Günzburg. Das ist ein weitläufiges Gebiet und ich hoffe, es sind nicht zu viele Leute unterwegs und ich kann Abstand halten.
Mooswald und Mooswaldsee
Schon als ich durch den Mooswald (Bild) gehe und die vielen Frühlingsgesänge höre, bin ich glücklich. Der Wald, der sich zum Bruchwald, einem permanent nassen Wald entwickeln soll, verströmt einen ganz eigenen Charme. Zwei Neuntöter – ein Männchen und ein Weibchen (Bilder) – sind schnell entdeckt. Zwischen den vielen Stimmen vernehme ich einen ganz speziellen, seltenen Gesang (Tonbeispiel auf Avisoft Bioacoustics). Dieser ist mir nicht ganz fremd, aber ich kann ihn nicht zuordnen. Also suche ich den Vogel und finde den Wendehals (Bild). Ich habe mich noch gar nicht richtig sattgesehen, schon dringen ich erneut ungewöhnliche Laute (Tonbeispiel auf xeno-canto) aus den Bäumen entlang des Weges an mein Ohr. Plötzlich fliegt ein größerer Vogel auf und landet auf einem abgestorbenen Baumstamm. Es ist ein Schwarzspecht (Bild). Er ist etwa krähengroß und damit der größte europäische Specht. Der Schwarzspecht ernährt sich überwiegend von Insekten, vornehmlich von Ameisen, die er im Sommer in Hölzern aufstöbert. Im Winter plündert er auch schon mal einen Ameisenhaufen. In Mitteleuropa zimmert er seine Höhle am liebsten in frei oder zumindest exponiert stehende Rotbuchen, so dass ein ungehinderter Anflug möglich ist. Einmal im Jahr wird gebrütet, die Hauptbrutzeit liegt im April.
Nach einem kurzen Regenschauer und diesen schönen Sichtungen wandere ich weiter zum Mooswaldsee. Eine Singdrossel (Bild) sucht am Wegesrand nach Futter. Auf dem Beobachtungsturm (Bild) halten sich nur wenige Leute auf, die ihn bereits nach kurzem Warten verlassen. So »gehört« der Turm für einige Zeit mir alleine und ich genieße den Blick über den Mooswaldsee (Bild). Tags zuvor ist hier noch ein Rallenreiher gesichtet worden. Ich suche das Ufer ab, aber bald wird klar, dass er schon wieder weitergezogen ist. Quasi als Ersatz kann ich kurz einen Blick auf einen Purpurreiher (Bild) erhaschen. Dann fliegt er quer über den See und landet auf dem schilfbewachsenen Ufer, das ich vom Turm leider nicht einsehen kann. Auf einem arg ramponiertem Holzgestell im See bewacht eine Mittelmeermöwe (Bild) ihre drei Jungvögel. Eine selten zu sehende Zwergmöwe (Bild) kann ich einen Moment lang am fernen Ufer beobachten. Als andere Besucher auf den Turm möchten, mache ich diesen frei und gehe durch den Mooswald in Richtung Leipheimer Moos. Neuntöter warten auf ihren Ansitzen, weit entfernt sehe ich in der Krone einer Birke eine Bekassine sitzen, Gelbspötter erfreuen mit ihren fantastischen Gesangs-Imitationen mein Herz und am Waldrand entdecke ich die beiden Schwarzkehlchen (Bilder).
Gundelfinger Moos
Mein nächstes Ziel ist der Schurrsee. Auf dem Weg vom Parkplatz zum Turm höre ich im dichten Buschwerk eine Nachtigall singen. Auf dem Turm angekommen scanne ich den See ab, kann mich aber nicht konzentrieren, da mehr und mehr Leute auf dem Plateau erscheinen und es immer voller wird. Ich packe zusammen und wandere in das Naturschutzgebiet Gundelfinger Moos (Bild). Ich entdecke eine Feldlerche (Bild) und mehrere Schwarzkehlchen (eines davon auf dem Bild). Eine Dorngrasmücke (Bild) und ein Weißstorch (Bild) sind auf Nahrungssuche. Über mir zieht ein Trupp Eichelhäher (einer davon auf dem Bild) hinweg. Beim Rückweg freue ich mich über meinen ersten Fitis in diesem Jahr und lausche einer Gartengrasmücke (Bild und Video auf Youtube). Inmitten dieses Stimmengewirrs – es sind wohl mehrere Gartengrasmücken und auch ein Zilpzalp involviert – versuche ich, wie jedes Frühjahr, mir den Gesang einzuprägen.
Fetzer-Flachwassersee
Eigentlich hätte ich schon wieder Richtung München aufbrechen sollen, aber weil es so schön ist, verlängere ich meine Tour und fahre noch zum Fetzer-Flachwassersee. Der Fußweg vom Parkplatz zum See führt am Gundelfinger Moos vorbei. Man hat hier einen schönen weiten Blick auf die Wiesen. Nicht weit von mir entdecke ich ein Neuntöter-Pärchen. Immer wieder wechseln sie ihren Platz, vom Pfosten zum Baum und wieder zurück. Das Neuntöter-Männchen (Bilder, Video auf Youtube) lässt sich auch fotografieren. Am Fetzer-Flachwassersee (Bild) angelangt, zähle ich um die 30 Rostgänse (einige auf dem Bild). Eine so große Gruppe habe ich bisher noch nie gesehen. Einige Kampfläufer (Bild) waten durch das seichte Wasser und suchen nach Nahrung. Eine Knäkente (Bild) genießt eine Ruhepause. Flussseeschwalben (Bilder) rasten auf den kleinen Inseln, im südlich gelegenen See haben sie auf einem künstlichen Floß ihre Nester bezogen.
Nach einem kleinen Ratsch mit anderen Birdern mache ich mich auf die Heimreise nach München. Es ist ein tolles Gebiet und ein fantastischer Tag liegt hinter mir. Ich habe heute insgesamt 78 Vogelarten gesichtet, eine, wie ich – zumal alleine unterwegs – finde, bemerkenswerte Anzahl.
Vogeltagesliste: Höckerschwan, Graugans, Kanadagans, Rostgans (ca. 30), Nilgans, Stockente, Schnatterente, Löffelente, Knäkente, Kolbenente, Reiherente, Jagdfasan, Haubentaucher, Kormoran, Silberreiher, Graureiher, Purpurreiher, Weißstorch, Rotmilan, Rohrweihe, Mäusebussard, Turmfalke, Baumfalke, Blässhuhn, Flussregenpfeifer, Kiebitz, Bruchwasserläufer, Flussuferläufer, Bekassine, Kampfläufer (ca. 10), Lachmöwe, Mittelmeermöwe, Zwergmöwe, Flussseeschwalbe, Trauerseeschwalbe, Ringeltaube, Kuckuck, Eisvogel, Schwarzspecht, Buntspecht, Wendehals, Feldlerche, Rauchschwalbe, Mehlschwalbe, Bachstelze, Wiesenschafstelze, Gebirgsstelze, Nachtigall, Schwarzkehlchen, Singdrossel, Wacholderdrossel, Amsel, Mönchsgrasmücke, Gartengrasmücke, Dorngrasmücke, Feldschwirl, Teichrohrsänger, Drosselrohrsänger, Gelbspötter, Fitis, Zilpzalp, Zaunkönig, Grauschnäpper, Kohlmeise, Blaumeise, Kleiber, Neuntöter, Elster, Eichelhäher (ca. 20), Rabenkrähe, Star, Pirol, Feldsperling, Buchfink, Stieglitz, Grünfink, Rohrammer, Goldammer