Samstag, 25. Mai 2019 (sonnig, 21 bis 25 Grad, schöner, warmer Frühlingstag), Oberstinkersee, Illmitz-Hölle, Pferdestall, Sandeck, 9.30 bis 17.30 Uhr
Das Schöne an einem Urlaub auf dem Land ist, dass man man sich quasi inmitten der Natur aufhält. In dieser Woche in Illmitz brauche ich nur vor die Haustür zu treten und höre die Spatzen tschilpen und sehe die Mehlschwalben an mir vorbeizischen, die mit dem Bauen ihrer Nester unter dem Dachvorsprung schwer beschäftigt sind. Der Blutspecht (Bilder, Video auf Youtube) ist da schon einen Schritt weiter. Er hat im Pensionsgarten in einer Birke seinen Brutplatz bereits bezogen. Kurz klettert er am Stamm entlang, dann zieht er sich in seine Höhle zurück. Ich warte eine Weile, doch er zeigt sich lange nicht wieder. Erst als ein Kuckuck zu rufen beginnt, streckt der etwas verschlafen wirkende Blutspecht seinen Kopf aus der Behausung und guckt, was vor sich geht. Wunderbar.
Viel los in der Hölle
Ich bin nun wieder allein unterwegs, da Markus’ Urlaub zu Ende ist. Ich will heute in den Norden von Illmitz, in die Bewahrungszone Illmitz-Hölle (Plan). Bei strahlend schönem Wetter radle ich an den saftig grünen Wiesen vorbei und mache am Oberstinkersee (Bild) Halt. Breite, trockene Uferstreifen zeigen auch hier, dass es im Frühjahr sehr trocken war. Einige Birder, die aus Wien angereist sind, haben eine Lachseeschwalbe entdeckt, die ich aber leider nur auf einem Kamerabild bewundern kann. Sie will sich einfach nicht mehr zeigen. So fahre ich weiter zu dem vierstöckigen Aussichtssturm (Bild), um den weiten Blick über das Seevorgelände (Bild) und den Neusiedler See zu genießen. Wegen der ausgetrockneten Flachwasserzonen vor dem Schilfgürtel sind auch an den restlichen Wasserstellen sehr wenige Vögel zu sehen – eine Uferschnepfe, Graugänse, Brandgänse mit Küken und Großmöwen. In einem kleinen Schilfareal zwischen den Wiesen hält ein Bluthänfling (Bild) Ausschau. Das warme und sonnige Ausflugswetter am heutigen Samstag hat viele Familien ins Freie gelockt. Mir wird das alles zu viel und so beschließe ich, lieber Plätze aufzusuchen, die etwas weniger überlaufen sind.
Schilfrohrsänger und Zwergseeschwalbe
Am Przewalski-Stall biege ich in den Weg ein, der zur Biologischen Station führt. In der Nähe des Stalles entdecke ich einen Wiedehopf, der wohl hier sein Nest hat. Und direkt neben dem Weg singen zwei Schilfrohrsänger (Bilder, Video auf Youtube) ihre zwar nicht besonders variantenreichen Strophen, aber mit voller Inbrunst schwatzen sie laut und aufgeregt vor sich hin. Der Rohrsänger mit dem hellen Überaugenstreif findet am Neusiedler See mit seinen zumeist seicht überflutenden Schilfbeständen ideale Brutbedingungen. Nach dem schönen Erlebnis nehme ich den sandigen und kaum befahrbaren Weg Richtung Süden. Ich komme am ausgetrockneten Albersee (Bild) vorbei und lande schließlich an der Beobachtungshütte am Pferdestall. Nur wenige Birder sind hier – wunderbar. Heute kann ich die Zwergseeschwalbe (Bilder), die wir am Dienstag schon kurz gesehen haben, ausgiebig und in Ruhe beobachten, da sie es sich am Ufer »gemütlich« gemacht hat. Es ist nach der ersten, sehr kurzen Sichtung im Juni 2018 in Aserbaidschan meine zweite Begegnung mit dieser Art. Die Zwergseeschwalbe ist nur halb so groß wie eine Flussseeschwalbe. Man kann sie anhand ihres gelben Schnabels mit schwarzer Spitze, des schwarzen Zügels, der orangegelben Beinen und der weißen Stirn gut bestimmen. Von Mitte April bis Oktober hält sie sich in Europa überwiegend in Küstennähe auf. Sie brütet in lockeren Kolonien auf flachen, sandigen Küstenstreifen, auch an Seen und breiten Flüssen. Ihr Überwinterungsgebiet liegt in Afrika.
Sumpfläufer – ein seltener Gast
Während ich noch die Zwergseeschwalbe betrachte, fällt mir plötzlich eine Limikole auf, die ich nicht sofort einordnen kann. Was ist das denn? Aufgeregt mache ich erstmal ein Foto. Der Vogel bleibt zwar nur eine kurze Zeit vor Ort, doch es gelingt mir, ihn zu bestimmen. Er ist in etwa so groß wie ein Alpenstrandläufer, aber dunkler und kräftig gemustert. Es ist ein Sumpfläufer (Bilder), ein sehr seltener Durchzügler. Seine Zugroute verläuft von Skandinavien, wo er im Sommer in Mooren und Sümpfen brütet, über den östlichen Teil Europas in die Überwinterungsgebiete in Ostafrika und Südasien. Dann fällt mir auch wieder ein, dass ich diese Art schon einmal gesichtet habe – nicht so nah, aber nur wenige Meter von hier entfernt (Artikel > Sumpfläufer Mai 2016).
Jede Menge großer Möwen
Nach diesen schönen und besonderen Beobachtungen lasse ich den Blick nochmal über den Uferstreifen schweifen. Ein Flussuferläufer (Bild) ist auf Nahrungssuche, Graugans-Eltern (Bild) führen ihre Jungen zum Trinken ans Wasser. Etwas weiter entfernt ein Trupp Großmöwen (Bilder). Aber diese zweifelsfrei zu bestimmen, ist für mich schwierig. Vermutlich sind es Mittelmeermöwen, die meisten im Jugendkleid. Bei zwei adulten Vögeln meine ich, es könnte sich um Steppenmöwen (Bilder) handeln, da sie eine dunkle Iris aufweisen. Aber sicher bin ich mir nicht.
Wiedehopf beim Füttern
Meine letzte Station für heute ist Sandeck. Neben den hechelnden jungen Saatkrähen (Bild) finde ich auch den Rotfußfalken wieder. Doch der krönende Abschluss des Tages ist der Wiedehopf (Bilder). Aus gebührender Entfernung kann ich ihn ausführlich beobachten, wie er regelmäßig auf dem Schilfdach landet. Mit großen Käfern im Schnabel vergewissert er sich zunächst, dass keine Gefahr droht. Erst dann fliegt er den Spalt zwischen Dach und Holzbalken an und verschwindet für kurze Zeit in der Höhle zur Verfütterung der Leckerbissen.
Vogeltagesliste: Höckerschwan, Graugans, Brandgans, Stockente, Löffelente, Kolbenente, Jagdfasan, Haubentaucher, Kormoran, Silberreiher, Weißstorch, Löffler, Rohrweihe, Turmfalke, Rotfußfalke, Säbelschnäbler, Stelzenläufer, Flussregenpfeifer, Sandregenpfeifer, Kiebitz, Alpenstrandläufer, Sumpfläufer, Flussuferläufer, Rotschenkel, Uferschnepfe, Großer Brachvogel, Lachmöwe, Großmöwe (vermutlich Mittelmeermöwe), Steppenmöwe?, Zwergseeschwalbe, Flussseeschwalbe, Raubseeschwalbe?, Weißbart-Seeschwalbe, Ringeltaube, Türkentaube, Turteltaube, Kuckuck, Mauersegler, Wiedehopf, Blutspecht, Buntspecht, Mittelspecht, Feldlerche, Rauchschwalbe, Baumpieper, Feldlerche, Rauchschwalbe, Mehlschwalbe, Bachstelze, Nachtigall, Hausrotschwanz, Singdrossel, Amsel, Mönchsgrasmücke, Dorngrasmücke, Sperbergrasmücke, Schilfrohrsänger, Drosselrohrsänger, Gelbspötter, Neuntöter, Dohle, Saatkrähe, Nebelkrähe, Star, Pirol, Haussperling, Feldsperling, Buchfink, Bluthänfling, Stieglitz, Grünfink, Girlitz