Sonntag, 21. Mai 2017, Boumalne du Dades, 10 bis 11 Uhr, Rissani, 15 bis 16 Uhr, ca. 35 Grad, heiterer und sonniger Tag, etwas windig
Weil mir die Marokko-Reise zur Jahreswende so gut gefallen hat, habe ich beschlossen, das schöne Land noch einmal zu besuchen. Brahim Mezane von Gayuin Birding Tours hat mir eine Route zusammengestellt, die erneut von Marrakesch in die Wüste nach Erg Chebbi führt. Die Rückreise verläuft über den östlichen Teil des Hohen Atlas Richtung Norden nach Midelt und dann nach Casablanca. Am Freitag war mein Flieger in Marrakesch gelandet und ich konnte mir zum ersten Mal einen Riad (Bild) von innen ansehen. Ein Riad ist ein traditionelles marokkanisches Haus mit einem begrünten Innenhof. Viele Riads werden mittlerweile als Hotel genutzt. Im quirligen Zentrum von Marrakesch bieten sie Ruhe und Erholung. Oft ist auch eine Dachterrasse vorhanden, von der man einen tollen Blick über die Dächer der Altstadt hat. Am Samstag starteten wir unsere Fahrt in den Südosten Marokkos. Zuerst ging es auf den Tizi-n-Tichka-Pass in den Hohen Atlas. Nach Überquerung des Hochgebirges fuhren wir an der Filmstadt Ouarzazate vorbei und im weiteren Tagesverlauf konnte ich faszinierende Landschaften und prächtige Bauten (Bilder) bewundern. Das Tagesziel am Samstag war das mir schon bekannte Hotel »La Kasbah de Dades« in Boumalne du Dades mit seiner schönen Dachterrasse (Bild).
Da nächste Woche der Fastenmonat Ramadan beginnt, wurde in der Nacht von Samstag auf Sonntag die Uhrzeit erneut um eine Stunde zurückgestellt. Ich bin deshalb schon um 6 Uhr wach und genieße vom Balkon aus den tollen Blick auf die Stadt und die Berge. Und dann fliegt auch schon ein Vögelchen über die Terrasse am Swimmingpool. Eine der Felsenschwalben (Bilder) hat es sich auf einer Lampenaufhängung bequem gemacht. Eine zweite rastet auf einer Balkonmauer. Diese fliegt immer wieder ihre Runden und sucht dann die andere Felsenschwalbe auf, um sich mit ihr zu paaren. Ein Hausangestellter bestätigt später meine Vermutung, dass die Vögel am Haus nisten. Normalerweise brüten Felsenschwalben nicht an Gebäuden, sondern hauptsächlich in Spalten und Höhlungen von Felswänden. Ihr Lebensraum erstreckt sich vom Meer bis in Bergregionen über 2000 Meter Höhe.
Nach dem Frühstück fahren wir zunächst zu einem Gebiet, in dem Wüstenuhus leben. Kurz vor dem Eintreffen dort sehen wir einen Adlerbussard (Bild), der sich von uns leider gestört fühlt und abfliegt. Dann findet Brahim sehr schnell den ersten Wüstenuhu (Bild). Das Männchen hat sich eine Höhle als Ruheplatz ausgesucht. Noch während ich Bilder mache, fliegt ein zweiter Wüstenuhu (Bilder) – das Weibchen – lautlos an mir vorbei Richtung Felsenwand. Es landet zuerst auf einem großen Felsen in der Nähe des Männchens, wechselt aber kurz danach zu einem anderen Sitzplatz. Während ER ruhig in der Höhle verharrt, ist SIE sehr aktiv und inspiziert die Umgebung und auch uns. Lange können wir das schöne Tier beobachten. Später wandern wir noch zu einem anderen Berg und erspähen hoch oben einen jungen Lannerfalken (Bild), der in seinem Horst auf Futter wartet. Nach diesem – eher kurzen Halt – geht die Fahrt weiter in südöstliche Richtung und prächtige Landschaften (Bilder) ziehen an mir vorbei.
Bevor wir unser heutiges Ziel – die Dünenlandschaft Erg Chebbi – erreichen, hält Brahim in der Nähe seines Heimatortes Rissani auf dem Seitenstreifen der Straße. Um uns herum bewirtschaftetes Land mit Palmengärten und Äckern. Während sich eine kleine Gruppe von Akaziendrosslingen (einer davon auf dem Bild) in den Bäumen versteckt, rasten Blauwangenspinte (einer davon auf dem Bild) gut sichtbar auf den Leitungen. Leider muss ich gegen das Licht fotografieren, sodass das schöne grün gefärbte Gefieder, die rote Kehle und die blaue Wange nicht richtig zur Geltung kommen. Die Blauwangenspinte sind, wenn man den langen Schwanzspieß von 4 bis 8 Zentimetern nicht mitrechnet, etwas kleiner und schlanker als die verwandten Bienenfresser, die nur einen Schwanzspieß von ca. 3 Zentimetern aufweisen. Ihre »Prri-prri-prri-«Rufe (Tonbeispiel > xeno-canto.org) ähneln denen der Bienenfresser, sind jedoch trockener, etwas härter und wenig höher, insgesamt nicht so melodisch. Sie brüten in trockener, offener Landschaft, gern am Wasser, manchmal auch in offenen Wäldern. Aber ihr geschäftiges Treiben innerhalb der Gruppe erinnert mich sehr an Bienenfresser. Zur gleichen Zeit sind weitere Vogelrufe zu hören, die aus einem Palmendickicht kommen: Brahim weist mich auf einen Blassspötter (Bild > Wikipedia) hin. Der kleine, unauffällige Vogel ähnelt – abgesehen vom eher grauen statt braunen oberen Gefieder – einem Teichrohrsänger. Er hält sich meistens versteckt und wechselt nur hin und wieder zu einem anderen Busch. Deswegen gibt es auch keine Bilder. Dafür lässt sich ein Raubwürger elegans (Bild) schön ablichten. Und gleich daneben sehe ich auf einem Acker zum ersten Mal einen Heckensänger (Bilder). Der auf den ersten Blick eher unscheinbare Vogel läuft in aufrechtem Gang zwischen den Ackerfurchen hin und her und lässt sich ausführlich beobachten. Das obere Gefieder ist hellbraun, Brust und Bauch sind beige. Markant ist sein Kopfmuster mit weißem Überaugenstreif, auffällig der lange rotbraune Schwanz mit den schwarz-weißen Spitzenflecken am äußersten Ende. Und noch auffälliger ist, wie er den Schwanz ruckartig hochstellt, auffächert, wieder schließt und langsam absenkt. Der Heckensänger brütet in trockener, offener Landschaft mit dichtem Gebüsch, Hecken und Plantagen, oft bei Siedlungen. Er überwintert südlich der Sahara. Wir setzen unsere Reise fort und kommen gegen 19 Uhr in der Dünenlandschaft von Erg Chebbi an.
Vogeltagesliste (nicht vollständig): Adlerbussard (3), Wüstenuhu (2), Lannerfalke, Trauersteinschmätzer, Wüstensteinschmätzer, Steinlerche, Felsenschwalbe, Hausammer, Haussperling, Akaziendrossling (ca. 5), Turteltaube, Heckensänger* galactotes (2), Blassspötter* (4), Blauwangenspint* (ca. 10), Raubwürger elegans
(* = meine persönliche Erstsichtung)