Samstag, 24. Mai 2014 (Sonne, ca. 14 Grad, frischer Frühlingstag), Helgoland, Oberland, Westklippe, Nordklippe, 16.30 bis 19 Uhr
Nach meiner freitäglichen Reise mit der Bahn und einer Nacht in einem Hotel in Cuxhaven sitze ich nun an Deck des Seebäderschiffs MS Atlantis auf dem Weg nach Helgoland. Ich reise nicht allein. Gudrun, eine Birderkollegin aus Hessen, die ich vor zwei Jahren bei einer Birdingtours-Reise kennengelernt habe, begleitet mich. Sie war schon einmal auf Helgoland. Für mich ist es das erste Mal. Wir werden manche Touren gemeinsam machen, aber hin und wieder werde ich auch auf eigene Faust unterwegs sein. Wir halten Ausschau nach Vögeln. Einmal gibt sich ein Basstölpel die Ehre und als Helgoland schon in Sichtweite ist, begleitet eine Silbermöwe (Bilder) das Schiff. Gegen 13 Uhr erreichen wir Helgoland. Unser Schiff legt nicht im Hafen an, sondern wir werden mit mehreren Börtebooten (eines davon im Bild) ausgebootet. Jeder Passsagier wird von zwei starken Männern unter den Armen eingehakt und in das kleine Holzboot gehievt. Das geht alles sehr flott und kurz darauf stehen wir schon auf der Landungsbrücke.
Nachdem das Apartment gefunden ist und die Koffer ausgepackt sind, begeben wir uns auf den Weg in das Oberland. Grüne saftige Wiesen und der weite blaue Himmel liegen vor uns. Unser Ziel ist der Lummenfelsen. Mich beeindrucken die roten steilen Felsen der Westklippe (Bild) und ich genieße den tollen Blick in die Ferne. Ich will mir Zeit lassen, suche die Felsüberhänge ab, entdecke eine Heringsmöwe und langsam den Weg nach Norden. Auf einem Stein in den Wiesen sitzt ein Steinschmätzer, Rabenkrähen baden in einer Wasserpfütze. Schön ist es hier. Je näher ich dem Lummenfelsen komme, desto lauter wird das Geschrei und Gekreische der Vögel. Tausende sitzen dichtgedrängt auf den Felsbändern der Klippen. Ich erkenne Trottellummen, Dreizehenmöwen und Basstölpel.
Die Basstölpel (Bilder) fallen durch ihre Größe, das weiße Gefieder, den hellgelben Kopf und die blauen, schwarz eingerahmten Augen besonders auf. Es gibt auch schon Dunenjunge in einigen Nestern (Bild) zu sehen. Wenn man den Klippenrandweg noch etwas weiter geht, kommt eine Stelle, wo man sich ihnen bis auf eine Armlänge nähern kann. Hier kann ich sie wunderbar beobachten. Manche bauen noch an ihren Nestern, einige balzen, andere reagieren aggressiv auf ihre Nestnachbarn. Ständig fliegen Vögel ab oder setzen zur Landung an. Es ist eine Menge los. Im Laufe der Woche werde ich auch immature Basstölpel (Bilder) zu sehen bekommen. Sie tragen nicht mehr das braune Jugendkleid, aber auch noch nicht das fertige Kleid der adulten Tiere. Der Lebensraum der Basstölpel ist der Nordatlantik und sie brüten in großen Kolonien. Manche sind Standvögel, andere Teilzieher in den Mittelmeerraum und bis nach Westafrika. Seit 1991 brüten die eleganten Vögel auf Helgoland. Damals war es ein Brutpaar, im Jahr 2013 wurden 632 Brutpaare gezählt (Quelle: Vogelwarte Helgoland). Leider gibt es in den Felsen auch einige tote Vögel zu sehen, die durch Netzteile, die in die Nester verbaut werden, ums Leben gekommen sind.
Ein anderer Koloniebrüter – die Dreizehenmöwe (Bilder) – ist an den Steilklippen ebenfalls gut zu beobachten. Die Dreijahres-Möwe hält sich überwiegend auf dem offenen Meer auf und kommt nur zum Brüten an die Küsten. Sie ist im Prachtkleid anhand ihres gelben Schnabels, der kurzen dunklen Beine und des weißen ungezeichneten Kopfes leicht zu bestimmen. Ich habe während meines Aufenthalts Nester mit Eiern gesehen und auch schon einige Küken. Damit die Jungvögel nicht abstürzen, werden sie durch den am äußeren Nestrand stehenden Altvogel geschützt. Die Dreizehenmöwen sind sehr stimmfreudig, ihr Ruf ist schnell und nasal und klingt wie »kitt-i-wää-ik«. Die lautmalerische englische Bezeichnung »Black-legged Kittiwake« knüpft hieran an. Im Jahre 2013 brüteten 5931 Paare auf Helgoland (Quelle: Vogelwarte Helgoland). Im Vogelstimmen-Archiv Xeno-Canto kann man sich mit den Dreizehenmöwen-Rufen ein Helgoland-Feeling nach Hause holen.
Vogeltagesliste: Eiderente (offshore), Basstölpel, Kormoran (offshore), Austernfischer (überfliegend), Lachmöwe, Silbermöwe, Heringsmöwe, Dreizehenmöwe*, Trottellumme*, Ringeltaube, Türkentaube, Rauchschwalbe, Bachstelze, Steinschmätzer, Amsel, Zilpzalp, Rabenkrähe, Star, Haussperling
Cuxhaven: Stockente, Austernfischer, Flussseeschwalbe?, Zaunkönig, Dohle
(* = meine persönliche Erstsichtung)
Wirklich eindrucksvoller Bericht. Wunderschön und kompetent beschrieben. Bin in diesem Jahr zum ersten mal auf der Insel gewesen. (Juni) Die Tierwelt ist beeindruckend. Der Müll in den Nestern ist leider nur erschreckend.
Danke für Deinen Bericht.