Sonntag, 1. September 2013 (Sonne, blauer Himmel, ca. 26 Grad, heißer Sommertag, wenig Wind), Palud (Istrien), 10 bis 17 Uhr
Einen Tag nach meiner Ankunft in Rovinj zieht es mich schon nach Palud. Ich bin so neugierig und aufgeregt. Welche Vögel werde ich diesmal sehen? Kann ich sie bestimmen? Ist der Vogelzug schon in vollem Gange? Bin ich wieder die Erste, die den Fischadler sieht? Letztes Jahr hatte ich in dem Vogelschutzgebiet Palud viele schöne Erlebnisse und Beobachtungen, so dass meine Erwartungen sehr hoch sind. Vielleicht sogar zu hoch! Das Wetter ist herrlich. Ich bin früh aufgestanden, habe mir ein Fahrrad gemietet und bin schon um 10 Uhr am See. Der Wasserstand ist hoch, so dass an den hinteren Schilfrändern keine Schlickflächen zu sehen sind. Das Schilf ist noch grün (Bild). Letztes Jahr war es um diese Zeit schon vertrocknet.
Ich verschaffe mir erstmal einen Überblick und bleibe an einer Limikole hängen, die ich nicht erkenne. Ich sehe den Vogel nur von der Seite und manchmal von hinten. Erst nach längerem Studieren der Fotos bin ich mir ziemlich sicher, dass es ein Waldwasserläufer (Bild) ist. Der breit gebänderte Schwanz und die graugrünen Beine sprechen dafür. Auch sonst sind jede Menge Vögel unterwegs: Seidenreiher, Grünschenkel, Bruchwasserläufer, Alpenstrandläufer und Bekassinen. Aber auf die werde ich in den nächsten Artikeln eingehen.
Heute hat ER seinen Auftritt. ER ist ca. 18 Zentimeter groß, hat einen großen Kopf und einen sehr langen Schnabel. ER brütet an fischreichen Gewässern. ER sitzt oft still am Ufer und lauert auf Fische. Dann stürzt ER sich pfeilschnell kopfüber ins Wasser um den Fisch zu fangen, manchmal mit Erfolg, manchmal ohne. ER fliegt zurück zum Ansitz, schüttelt das Wasser ab und wartet weiter. ER ist einer unserer farbenprächtigsten Vögel. Hat eine rotbraune Brust und Bauch, einen blauen Scheitel und Flügel und einen leuchtend blauen Rücken und Schwanz. ER ist eigentlich sehr scheu. Aber in Palud hat ER einige Lieblingsplätze direkt am Ufer, keine zehn Meter entfernt von der Beobachtungshütte. ER ist natürlich der Eisvogel (Bilder). Es sind sogar zwei Eisvögel am See, ein Männchen und ein Weibchen. Letzteres erkennt man daran, dass der untere Teil des Schnabels an der Basis rot ist. Beide Vögel fliegen oft gemeinsam und blitzschnell ganz knapp über dem Wasser entlang des Schilfrandes in die hinteren Bereiche des Sees. Ein anderes Mal höre ich den kurzen schrillen Pfiff des Vogels und er fliegt den Kanal entlang, der zum Meer führt. Sehr oft sitzt er aber auch auf einen der beiden Holzpfosten, die die kroatischen Naturschützer so prominent am Ufer platziert haben. Es ist toll, diesen schönen Vogel in Ruhe beobachten zu können und hin und wieder kann ich auch anderen Besuchern diesen Vogel zeigen. Sie waren alle begeistert.
Neben diesem auffälligen Vogel gibt es aber auch noch andere zu sehen. Eine Rohrweihe taucht plötzlich auf, zieht ihre Kreise über den See. Alle Wasservögel sind in Panik und fliegen in die hinteren Schilfzonen, wo sie sich geschützter fühlen. Die Rohrweihe (Bild) lässt sich im Schilf nieder, fliegt aber kurz darauf wieder weiter. Heute und auch die folgenden Tage kann ich in dem vom Schilf freigemachten Uferstück vor der Hütte zwei Flussuferläufer (Bilder) gut beobachten. Auch sie kommunizieren beim Ein- und Abflug mit hohen Pfeiftönen, die wie »dii-dii-dii« klingen. Wenn sich die Vögel dann hinsetzen und ausruhen, finde ich das besonders schön, weil ich dann das Gefühl habe, dass ich nicht störe.
Etwas Wirbel bringt ein Trupp von ca. zehn Wiesenschafstelzen (einige davon auf den Bildern) in die beschauliche Szenerie. Sie sind vermutlich auf dem Weg in das afrikanische Winterquartier. Einige baden, einige flattern heftig mit den Flügeln, sie streiten (?) und alle sind sehr aufgeregt. Ihre Pause dauert nicht lange und auf einmal sind sie wieder weg.
Auch mir reicht es mittlerweile und ich mache mich auf den Heimweg. Als ich an einer Wiese mit vereinzelten Bäumen vorbeikomme sehe ich im hinteren Teil in einer Hecke einen hellen Punkt. Hmh, das könnte ein Vogel sein? Ich hole mein Fernglas raus. Es ist ein Vogel. Ein Neuntöter? Ein Raubwürger? Ich packe mein Spektiv aus. Es ist ein Rotkopfwürger. Mein Erster! Aber das ist eine Geschichte, die ich im nächsten Artikel erzählen werde.
Vogeltagesliste: Schwarzhalstaucher, Zwergtaucher, Seidenreiher (5), Stockente, Spießente, Löffelente (2), Krickente, Rohrweihe, Teichhuhn, Alpenstrandläufer (3), Bruchwasserläufer (5), Waldwasserläufer (1), Flussuferläufer (2), Grünschenkel (1), Bekassine (2), Mittelmeermöwe, Eisvogel (2), Rauchschwalbe, Wiesenschafstelze, Amsel, Rotkopfwürger (Erstsichtung), Eichelhäher
