Sonntag, 13. September 2020 (sonnig, 22 bis 25 Grad, heißer Spätsommertag), Rheindelta, Bodensee, Rohrspitz, Schleienloch, 10.30 bis 16 Uhr
Eine Woche Urlaub, eine Woche Vogelgucken – ich freue mich riesig, dass es geklappt hat. Die Wochen zuvor habe ich intensiv die Entwicklung der Infektionszahlen in Deutschland und in Vorarlberg verfolgt, aber dann sprach nichts dagegen, an den Bodensee zu fahren. Gemeinsam mit Wolfgang und Markus bin ich um 8 Uhr von München Richtung Rheindelta aufgebrochen und nun parken wir gegen 10.30 Uhr schon am Seerestaurant »Glashaus«. Wir möchten als Erstes den Rohrspitz (Infografik Schild) erkunden. Wolfgang war vor einiger Zeit schon einmal hier und weist uns darauf hin, dass der Wasserstand momentan sehr hoch ist. So hoch, dass leider keine Schlickflächen zu sehen sind. Der Strand ist von Ausflüglern heute auch gut besucht und die sommerlichen Temperaturen laden die Menschen zum Baden ein.
Rotmilan und Große Brachvögel am Rohrspitz
Wir machen uns auf zur Halbinsel Rohrspitz. Ein Landwirt ist auch am Sonntag am Arbeiten und mäht seine Wiese (Bild). Auf einem schönen Weg, der am westlichen Ufer entlangführt, wandern wir bis zur Spitze der Halbinsel. Weißstörche kreisen über uns und ein Rotmilan (Bild) sucht auf einer Wiese nach Nahrung. Immer wieder gibt es schöne Ausblicke auf den Bodensee (Bild). Erkennen Sie den Rätselvogel (Bild)? Es ist eine ungewöhnliche Perspektive und er ist gerade aufgetaucht. In dieser Jahreszeit sind in den Schilfgebieten kaum Vögel zu sehen, aber wenn im Frühjahr die Singvögel und vor allem die Rohrsänger aus ihren Winterquartieren zurückkehren, ist hier bestimmt viel los. Auf dem Rückweg beobachten wir einen Eisvogel, der abseits vom Ufer eine Grasfläche quert. Auf der Fahrt zu unserem nächsten Ziel entdecken wir auf den Wiesen südlich des Rohrspitzes um die 50 Große Brachvögel (einige davon auf dem Bild), die im Schatten der Bäume rasten.
Moorente und Eisvögel im Schleienloch
Wir fahren Richtung Hard an den rechten Rheindamm. Hier befindet sich das Schleienloch (Bilder), ein schönes Feuchtgebiet mit viel Schilfbewuchs. Vom erhöhten Dammweg kann man wunderbar in das Gebiet schauen. Heute am Sonntag ist allerdings mächtig viel Ausflugsbetrieb. Eine mit Touristen besetzte Museumsbahn, das »Rheinbähnle«, fährt an uns vorbei. Markus findet am Wegesrand einen Schmetterling namens Postillion (Bild), der sich noch am Nektar der Blüten labt. Im Schleienloch entdecken wir eine Moorente (Bild), Kolbenenten (Bild) und Haubentaucher (einer davon im Bild). Die Haubentaucher haben sogar noch bettelnde Junge zu versorgen. Etliche Eisvögel (einer davon im Bild auf einer Warte) sind mit ihren kurzen und scharfen »Zii«-Rufen gut zu hören. Wenn sie dann pfeilschnell über die Wasseroberfläche zischen, sind sie auch optisch zu bewundern. Wir finden eine Stelle am Ufer mit noch etwas unverstellterem Einblick in das Schleienlochareal. Unter uns huscht ein Teichrohrsänger (Bild) von Stängel zu Stängel. Als Digiskopiererin habe ich keine Chance, den flinken Vogel zu fotografieren, Markus mit seiner Spiegelreflexkamera hat da deutlich bessere Karten.
Zwergdommel – ganz nah
Dann wird alles sehr spannend. Nur wenige Meter von uns entfernt taucht am Schilfrand eine Zwergdommel (Bilder, Video auf Youtube) auf. Aufmerksam steht sie auf einem Holzstück in Erwartung von etwas Fressbarem. Auf ihrem Speiseplan stehen Fische, Amphibien, Insekten sowie Würmer und Mollusken. Es ist ein junger, diesjähriger Vogel – als solcher bestimmbar anhand des braun gefleckten Gefieders. Eine adulte männliche Zwergdommel erkennt man am schwarzen Scheitel, an der schwarzen Oberseite und dem cremefarbenen Flügelfeld. Das Weibchen weist weniger ausgeprägte, eher verwaschene Farben auf. Ein Männchen kann man in meinem Beitrag vom Juli 2012 ansehen. Die Zwergdommel ist die kleinste Reiherart Mitteleuropas, sie bewohnt bevorzugt kleine Schilfflächen und vegetationsreiche Teiche und Gräben. Sie lebt in Teilen Europas und im westlichen Asien. In Europa brütende Vögel überwintern von Oktober bis April im südlichen Afrika. Die scheue Zwergdommel wird in der Roten Liste der Brutvögel Deutschlands als stark gefährdet geführt. Der Verlust an geeigneten Lebensräumen ist die Hauptursache für den Rückgang der Art. Wir freuen uns sehr über diese tolle Sichtung. Auf unserer weiteren Umrundung des Schleienlochs (Bild) begegnen wir noch einer kleinen Truppe von Zwergtauchern (Bild).
Vogeltagesliste: Höckerschwan, Stockente, Kolbenente, Moorente, Reiherente, Gänsesäger (auch als Rätselvogel präsentiert ;-), Zwergtaucher, Haubentaucher, Kormoran, Zwergdommel (2x JK), Graureiher, Weißstorch, Rotmilan, Rohrweihe, Mäusebussard, Sperber, Turmfalke, Wasserralle, Teichhuhn, Blässhuhn, Großer Brachvogel (ca. 50), Lachmöwe, Mittelmeermöwe, Ringeltaube, Türkentaube, Eisvogel (1+5), Buntspecht, Grünspecht, Rauchschwalbe, Bachstelze, Amsel, Mönchsgrasmücke, Teichrohrsänger, Zilpzalp, Sommergoldhähnchen, Trauerschnäpper, Kohlmeise, Blaumeise, Schwanzmeise, Bartmeise (Rufe), Kleiber, Gartenbaumläufer, Eichelhäher, Rabenkrähe, Star, Haussperling