Samstag, 20. Juni 2020 (bewölkt, 12 bis 17 Grad, Sommerbeginn), Murnauer Moos, 8.30 bis 14 Uhr
Der Himmel ist bewölkt und es ist etwas kühl. Das hat aber den Vorteil, dass weniger Spaziergänger im Murnauer Moos unterwegs sind. Am Parkplatz an der Ramsachstraße wurde im Herbst 2019 die Biologische Station Murnauer Moos (Bild) eingeweiht. Eine Ausstellung im Haus informiert über die Natur und den Naturschutz im Murnauer Moos. In der Nähe des Parkplatzes rastet ein junger Graureiher (Bild) auf einem abgestorbenen Baum. Den Jungvogel erkennt man an der grauen Stirn und dem grauen Scheitel. Adulte Vögel weisen eine weiße Stirn auf. Als ich auf den Weg in das Murnauer Moos (Bild) einbiege, freue ich mich über den tollen Blick in die Berge.
Grauspecht am Wegesrand
Ich bin erst kurz unterwegs, da sehe ich zwei Spechte in einen Baum neben dem Weg einfliegen. Es sind zwei Grauspechte (einer davon im Bild; plus ein »eingekauftes« Bild). Der Grauspecht ähnelt dem Grünspecht, ist aber etwas kleiner als dieser. Der Kopf vom Grauspecht ist runder, der Schnabel kürzer, der schwarze Wangenstreif schmaler und die Kopffedern sind einheitlich grau. Die Oberseite des Gefieders ist überwiegend moosgrün, beim Grünspecht ist es gelbgrün. Das Männchen hat einen roten Stirnfleck. Der Grauspecht brütet gerne in Laub- oder Mischwäldern mit vielen morschen Laubbäumen, oft an Gewässerufern, in Auwäldern oder großen Parks. Im Gebirge kann man ihn, im Vergleich zum Grünspecht, auch in höheren Lagen finden. Gemeinsam haben beide Spechte, dass sie am liebsten Ameisen fressen. Da man den Grauspecht eher hört als sieht, ist es von Vorteil, wenn man seinen typischen, leicht wehmütigen Gesang kennt. Die Strophen bestehen aus sechs bis neun Pfeiftönen, die nach und nach in der Tonhöhe abfallen und langsamer werden (Tonbeispiel auf xeno-canto.org).
Schwarzkehlchen, Braunkehlchen und Neuntöter
Im Laufe der nächsten Stunden finde ich mehrere Schwarzkehlchen (zwei davon auf den Bildern), eines davon ist ein Jungvogel. Der singende Sumpfrohrsänger (Bild, Video auf Youtube) ist wohl noch auf Brautschau und ein Neuntöter (Bilder) inspiziert aufmerksam das Schilf. Mein Weg führt mich bis zu einer kleinen Brücke und einer Abzweigung. Man kann entweder weiter nach Grafenaschau gehen oder biegt rechts ab und steigt in den Wald nach Westried hinauf. Hier auf den weiten Wiesenflächen finde ich auch meistens Braunkehlchen (Bild) und diesmal auch einen Grauschnäpper (Bild, Video auf Youtube), der noch mit der Fütterung seiner Jungen beschäftigt ist.
Wachtelkönig-Rufe und ein kleiner gelber Vogel
Einen Wachtelkönig zu Gesicht zu bekommen ist für jeden Birder ein Highlight, da der Rallenvogel eine deckungsreiche Vegetation mit mindestens 35 Zentimeter Wuchshöhe benötigt (Quelle: Wikipedia). Zu hören bekommt man ihn im Murnauer Moos aber ab Mai fast immer, sogar tagsüber. Auch heute vernehme ich sein knarrendes »rrrep-rrrep« klar und deutlich. Bestimmt verbirgt er sich nur wenige Meter entfernt von mir in der Wiese (Bild). Lange warte ich, beobachte wiegende Grashalme und Binsen – aber er mag sich nicht zeigen. Dafür ruft in der Ferne ein Karmingimpel, auch ein Art, über die man sich im Murnauer Moos immer wieder freut.
Auf meinem weiteren Rückweg sprechen mich einige Spaziergänger an und berichten mir von einem kleinen gelben Vogel. Ich vermute, dass sie eine Goldammer entdeckt haben. Das war allerdings eine falsche Antwort. Denn etwas später sehe ich einen leuchtend gelben Vogel im Baum. Das ist eindeutig keine Goldammer sondern ein Kanarienvogel (Bilder, Video auf Youtube). Der Kanarienvogel ist eine zahme, gezüchtete Version eines Kanarengirlitz. Im 15. Jahrhundert nach der Entdeckung der Kanarischen Inseln, der Azoren und Madeira begann die Domestikation des Kanarengirlitzes. Der Kanarienvogel im Murnauer Moos ist wohl irgendwo »ausgebüxt«. Ich sehe aber, dass er nicht verletzt ist und sich selber etwas zum Fressen sucht. Hmh, was tun? Ich spreche Radfahrer an, hoffe dass sie aus Murnau sind und vielleicht wissen, wie man diese Meldung von dem entflogenen Vogel im Ort verbreiten kann. Das hat nicht geklappt. Ein Birderkollege will ihn einfangen – das hat auch nicht funktioniert. Vielleicht findet der Kanarienvogel auch auf eigene Faust wieder zurück.
Besuch aus Nordrhein-Westfalen
Zum Abschluss der Tour treffe ich im Gasthaus Ähndl noch Uwe und Michael, zwei sehr erfahrene Birderkollegen aus Nordrhein-Westfalen, die corona-bedingt ihre ursprünglichen Urlaubspläne geändert haben und sich nun für eine Tour in die Bayerischen Alpen entschieden haben. Nachdem ich mich von Beiden verabschiedet habe, sind sie noch auf einen Abstecher in das Murnauer Moos und finden zwei Weißrückenspechte (einer davon auf den Bildern) wunderschön frei sitzend auf einem Ast. Und das Glück ist ihnen weiter hold. Denn da wagt sich doch glatt ein Wachtelkönig (Bild) aus der Deckung. Ist das nicht herrlich? Das wünsche ich mir für’s nächste Mal auch ;-))
Vogeltagesliste: Stockente, Wachtelkönig (2x rufend), Graureiher, Schwarzmilan, Rohrweihe, Mäusebussard, Baumfalke, Ringeltaube, Rauchschwalbe, Grauspecht (2), Weißrückenspecht (2), Baumpieper, Hausrotschwanz, Braunkehlchen, Schwarzkehlchen, Amsel, Gartengrasmücke, Mönchsgrasmücke, unbestimmter Schwirl, Teichrohrsänger, Sumpfrohrsänger, Drosselrohrsänger, Fitis, Zilpzalp, Zaunkönig, Grauschnäpper, Kohlmeise, Blaumeise, Sumpfmeise, Neuntöter, Elster (unterwegs), Rabenkrähe, Star, Buchfink, Stieglitz, Rohrammer, Karmingimpel, Kanarienvogel