Freitag, 24. Mai 2019 (sonnig, windig, 16 bis 22 Grad, schöner Frühlingstag), Waasen-Hanság, Osli-Hany, Király-to (Fertö-Hanság Nemzeti Park, Ungarn), 8 bis 18 Uhr
Heute klappt es mit der schon seit Tagen anvisierten Tour nach Ungarn. Das Tiefdruckgebiet ist abgezogen und uns erwartet beinahe bestes Wetter – nur der Wind weht immer noch heftig. Weil wir heute ca. 70 Kilometer zu fahren haben, gönne ich mir ein Elektrofahrrad, während Markus es mit einem konventionellen Rad »angeht«. Um 8 Uhr steigen wir auf und nach eineinhalb Stunden haben wir auch schon unser erstes Ziel – die Bewahrungszone Waasen-Hanság (Plan) – erreicht. Um ein paar Kilometer abzukürzen, entscheiden wir uns für die westliche B22, die von Tadten zum Einserkanal führt. An einem großen Aussichtsturm (Bild) halten wir. Vor uns liegen Wiesen und Felder des Naturschutzgebietes (Bild). Weit entfernt erspähen wir eine Wiesenweihe und am äußersten Rande der Bewahrungszone finden wir auch sechs Großtrappen (Bild). Doch auch in der näheren Umgebung gibt es einiges zu sehen. Ein Neuntöter-Paar (Bild) und eine Nachtigall (Bild), die allerdings nur für ein paar Sekunden auftaucht, sind vom Turm aus gut zu beobachten. Über uns zieht ein Kaiseradler (Bilder) seine Kreise. Nachdem wir diesen ausgiebig bewundert haben, entdecke ich etwas später auf einem Holzpfosten erneut einen Kaiseradler. Ob es sich um dasselbe Individuum handelt, bleibt unklar. Sein oberes Gefieder ist hellbraun, d.h. der Adler ist noch nicht erwachsen.
Bienenfresser und Schwarzstorch
Nach einer Stunde machen wir uns auf den Weg zum Einserkanal. Wir überqueren bei der Brücke von Andau die Grenze nach Ungarn und radeln durch eine Waldgegend (Bild) mit altem und frisch aufgeforstetem Baumbestand. Unser Ziel ist die Bienenfresser-Kolonie bei Osli-Hany (Plan, Bild). Im Gegensatz zu meinem ersten Besuch im Mai 2016 ist die damals zu betretende Fläche nun eingezäunt, auch vor der Wand mit den Brutröhren sind zwei (!) Zäune angebracht, die zu nahes Herangehen verhindern sollen. Ich hoffe, dass sich alle Besucher an diese Absperrungen halten, damit die Vögel nicht gestört werden. Natürlich sind die Bienenfresser (Bilder, Video > Youtube) auch schon da. Ihren fröhlichen, immer wieder vorgetragenen Ruf »Prrüt-prrüt-prrüt« habe ich schon von Weitem vernommen. Sie sind sehr gesellig und treffen sich mal auf dem einen, dann auf dem anderen Ast. Beim Flug über die Wiesen und das umliegende Feuchtgebiet erbeuten die zu den Spinten gehörenden Vögel am liebsten Bienen, Wespen, Hummeln, Hornissen, aber auch Libellen, Zikaden und Käfer. Insekten mit giftigem Stachel werden mit kräftigen Hieben gegen eine Unterlage geschlagen, bis sie tot sind, und dann weiter bearbeitet, um die Giftdrüse zu entleeren. Erst danach wird das Beutetier verschluckt oder als Geschenk dem Partner angeboten. An diesem schönen Platz lohnt sich auch ein Blick in den Himmel. Purpurreiher und ein Schwarzstorch (Bild) fliegen über uns hinweg. In der Ferne sehen wir einen Seeadler.
Beutelmeise bei Király-tó
Unweit von Osli-Hany gibt es noch einen zweiten Turm, der laut Karte an einem See liegen soll. Der Weg dorthin führt durch einen schönen Laubwald (Bild) und die Gesänge verschiedener Waldvögel wie Fitis, Zilpzalp, Zaunkönig, Buchfink und Grünfink sind zu hören. In Király-tó (Plan und Bilder) erwartet uns eine zweistöckige Plattform. Die von uns erhofften Wasservögel sind hier aber nicht zu sehen, da der See fast zugewachsen ist, nur an wenigen Stellen blitzt Wasser hervor. Hier sollte man ein gutes Ohr für Vogelstimmen haben, dann kann man vielleicht auch das hohe, feine »Tsiiiü« der Beutelmeise hören. Kurz fliegt eine an uns vorbei und verschwindet im Dickicht des Waldes. Mit etwas Glück finde ich das noch nicht ganz fertig gebaute Nest der Beutelmeise (Bild).
Singender Schlagschwirl
Da noch ein weiter Heimweg bevorsteht, halten wir uns nicht allzu lange auf und radeln durch das schon bekannte Waldgebiet in Richtung der Brücke von Andau. Das »Rattern der Nähmaschinen« ist wieder zu hören. Sie wissen, wen ich meine? Aus einer dicht gewachsenen Krautschicht (Bild) vernehmen wir den Schlagschwirl mit seinem typischen maschinenartigen Gesang, der an eine ratternde Nähmaschine erinnert. Und dann entdecken wir den Schlagschwirl (Bild, Video > Youtube). Weit reißt er den Schnabel auf und singt mit bebendem Körper, zugleich dreht er den Kopf in alle Richtungen, sodass sein Gesang rundum erklingt. Sein Verbreitungsgebiet erstreckt sich vom östlichen Mitteleuropa bis nach Westsibirien. In den letzten Jahrzehnten hat er sein Brutgebiet nach Westen ausgebreitet. Der Schlagschwirl brütet am Rand von unterholzreichen Au- und Bruchwäldern, Wiesen oder Sümpfen. Er ist sehr scheu und meistens nur während des Singens auszumachen. Dazu sucht er eine Warte wie einen Baum oder Strauch auf. Zum Überwintern zieht er nach Ostafrika. Er ist ein recht großer, dunkler, lang gestreckter Schwirl. Die Oberseite erscheint graubraun, die Unterseite schmutzig weiß. An der oberen Brust zeigt er diffuse, graue längliche Flecken. Der Schwanz ist lang, breit und gerundet, die olivbraunen Unterschwanzdecken sind mit breiten, hellen Spitzen durchsetzt. Nach ausgiebigem Beobachten fahren wir weiter bis zur Brücke von Andau (Bild) und auf der ungarischen Seite eine landschaftlich sehr schöne Strecke am Kanal entlang nach Westen. An einer weiteren Brücke queren wir den Einserkanal (Bild) und auf einem schmalen, dicht bewachsenen Weg geht es auf österreichischer Seite weiter, bis der Weg nach Norden abzweigt und wir entlang der Felder nach Wallern und dann über Apetlon nach Illmitz zurückkehren.
Vogeltagesliste: Höckerschwan, Graugans, Wachtel (Rufe), Jagdfasan, Kormoran, Zwergscharbe, Silberreiher, Graureiher, Purpurreiher (4), Weißstorch, Schwarzstorch, Löffler, Seeadler, Kaiseradler, Rohrweihe, Wiesenweihe, Mäusebussard, Turmfalke, Baumfalke, Großtrappe (6), Kiebitz, Großer Brachvogel, Lachmöwe, Mittelmeermöwe, Türkentaube, Turteltaube, Kuckuck, Mauersegler, Eisvogel, Wiedehopf, Bienenfresser, Buntspecht, Mittelspecht, Feldlerche, Rauchschwalbe, Mehlschwalbe, Baumpieper, Bachstelze, Wiesenschafstelze, Nachtigall, Hausrotschwanz, Schwarzkehlchen, Singdrossel, Amsel, Mönchsgrasmücke, Dorngrasmücke, Klappergrasmücke, Gartengrasmücke, Schilfrohrsänger, Schlagschwirl, Sumpfrohrsänger, Drosselrohrsänger, Gelbspötter, Fitis, Zilpzalp, Zaunkönig, Grauschnäpper, Kohlmeise, Tannenmeise, Blaumeise, Neuntöter, Nebelkrähe, Star, Pirol, Feldsperling, Buchfink, Stieglitz, Grünfink, Girlitz, Rohrammer, Goldammer, Grauammer
Großartiger Bericht, liebe Waltraud. Natürlich auch sind deine Bilder immer kleine Kostbarkeiten! Seit nunmehr 5 Jahren Urlaub hier müssen wir als Liebhaber der Sole-Lacken von einigen Lacken Abschied nehmen. Den Zicksee wird es als See für Vögel, insb. der Limikolen und Säbelschnäbler, auch nicht mehr geben. Der Klimawandel und viele, auch komplexe Ursachen und haben den hiesigen Grundwasserspiegel stark absinken lassen. Trotzdem und gerade wegen der Lackenvögel und der umgebenden Ruhe hier sehr schön. Danke für den Tipp des Rotfußadlers. Werden jetzt die Kleinen besser im Auge haben und nicht gleich an Turmfalken denken. Britta und Matthias (aus Muc) PS:.. die Trappen, die Weihen und Eulen sind gerade gut zu beobachten, vereinzelt auch Kiebitze bei der Brut.
Letztes Jahr 2022 war es mit der Trockenheit am Neusiedler See besonders schlimm. Ich hoffe ja immer noch, dass wieder genügend Regen fällt und sich die Lacken füllen werden, so dass dieses wunderschöne Gebiet für die Vogelwelt erhalten bleibt.